Anhänger der Flache-Erde-Bewegung sind der Überzeugung, dass die Erde eine Scheibe ist. Diese Vorstellung lässt sich zurückverfolgen bis weit in die Antike. Um auch andere Menschen davon zu überzeugen, ist gute Überzeugungsarbeit notwendig. Der bekannte Astrophysiker und YouTuber „Flo Plus“ hat sich mit der Frage beschäftigt, wie Flacherdler manipulieren. Von Frank Schwede
Laut einer in den USA durchgeführten Umfrage unter achttausend Menschen, ist etwa ein Sechstel der Bevölkerung nicht völlig von der Kugelform der Erde überzeugt.
Das heißt, seit dem Mittelalter haben vermutlich nicht mehr so viele Menschen wie heute geglaubt, dass die Erde eine Scheibe ist. Vor allem über die sozialen Medien hat sich die Flat-Earth-Theorie innerhalb der letzten fünf Jahre wie ein Lauffeuer verbreitet. Daraus ist eine Bewegung entstanden, die überall auf der Welt Anhänger hat.
Das Thema Flache Erde hat viel mit Psychologie und der Wahrnehmung der eigenen Welt zu tun. Doch nicht nur. In erster Linie geht es nämlich um die richtige Argumentation und um die richtige Taktik, die eingesetzt wird, um andere von der Theorie zu überzeugen, sagt die Journalistin Victoria Graul in ihrem Podcast „Digga Fake“.
Die Rede ist von „Schwarzen Rhetorik“, die bestimmte Techniken der Manipulation beinhaltet, die gerne auch von Vertretern aus der Flacherdler-Szene angewendet werden. (Erwischt! „Old World“, Eiswall und Flache Erde-Theoretiker lügen in den Sozialen Medien! (Video))
Astrophysiker und YouTuber „Flo Plus“, der Gast in Victoria Grauls Podgast war, hat festgestellt:
„Es ist erschreckend, wie oft solche Manipulationstechniken eingesetzt werden und wie häufig und gerne Menschen auf diese Methode reinfallen.“
Flacherdler arbeiten nach Aussage von „Flo Plus“ gerne mit Scheinargumenten. Als Beispiel nennt er den Horizont, der nach Ansicht von Flacherdlern auf Augenhöhe steigen würde, weshalb die Erde flach sein müsste. (Regenbogen als Beweis für eine flache Erde? Behauptung im Check durch Astrophysiker (Video))
„Flo Plus“:
„So eine Behauptung kann man natürlich relativ leicht widerlegen, indem man einfach zeigt, dass die Annahme falsch ist. Der Horizont bleibt nicht auf Augenhöhe, der senkt sich mit der Höhe ab.“
Das kann man laut Ausssage von „Flo Plus“ sehr leicht mit einer Schlauchwaage oder einer Neigungsmessungs-App im Flugzeug messen – in der freien Natur sogar ganz ohne Instrumente auf einem Berg anhand der Sonne, die Sonne dort später untergeht als auf Meereshöhe. „Floh Plus erklärt den Grund“:
„Das liegt daran, dass der Horizont für die Person auf einem Berg tiefer liegt, weil er sich absenkt.“
Das richtige Modell erklären
„Flo Plus“ hat im Rahmen seiner Arbeit festgestellt, dass Flacherdler gerne sogenannten Strohmann-Argumente verwenden, indem sie gegen eine Position argumentieren, die niemand vertritt. „Flo Plus“:
„Das machen Flacherdler in der Regel, indem sie ein falsches Modell der kugelförmigen Erde anführen. Ein Beispiel dafür wäre, dass etwa behauptet wird, dass sich Erde ja gar nicht durchs All bewegen könnte, weil sich dann ja die Sterne verschieben müssten.
Tatsächlich existiert diese scheinbare Verschiebung, dass nennt man Parallaxe. Aber die ist extrem klein, aus dem simplen Grund, weil die Sterne einfach so weit entfernt sind.“
Im Strohmann-Modell der Flacherdler befinden sich die Sterne viel näher an der Erde als im echten Modell. „Flo Plus“ hat zahlreiche Videos produziert, in denen er die Strohmann-Modelle der Flacherdler widerlegt und das richtige Modell erklärt. „Flo Plus“:
„ Da verweise ich dann auch gerne mal auf eine spezielle Software. Damit kann sich jeder auf seinem Rechner eine Implementierung des echten Modells ansehen. Und dabei stellt man dann fest, dass das echte Modell die Beobachtung sehr gut beschreibt.“
Nicht selten werden Wissenschaftler von Flacherdlern sogar persönlich angegriffen, um deren Beweise für die Existenz einer kugelförmigen Erde zu widerlegen, stellt „Flo Plus“ fest:
„Hierzulande wird zum Beispiel des Öfteren Professor Harald Lesch angegriffen. Weil der für die Systemmedien arbeitet, muss ja alles falsch sein, was er sagt. In diesem Fall halte ich es dann für sinnvoll, auf die unlogische Denkweise hinzuweisen.“
Unter Flacherdlern findet nach Aussage von „Flo Plus“ ganz häufig das Cherry-Picking statt. Da wird beispielsweise ein Foto von der Skyline von Chicago gezeigt und behauptet, dass man die von bestimmten Standorten aus gar nicht sehen dürfte auf einer kugelförmigen Erde. „Flo Plus“:
„Weil die Skyline unter dem Horizont liegen würde, wenn man es rein geometrisch berechnet. Aber wir leben halt nicht in einem Vakuum, sondern in einer Atmosphäre. Und dadurch sehen wir tendenziell ein Stückchen weiter als man allein von der Geometrie her erwarten würde.“
„Flo Plus“ klärt seine Zuschauer auf, in dem er auf die atmosphärische Refraktion hinweist. Das ist ein Effekt, der lange bekannt und gut erforscht ist. Je nach Witterung ist der Effekt mal stärker und mal schwächer ausgeprägt. „Flo Plus“:
„Die Flacherdler, die picken sich gezielt Zeitpunkte raus, wo die Sichtweite aufgrund dieses Effekts besonders groß ist, dass man die Skyline zu den meisten Zeitpunkten im Jahr aber halt nicht sehen kann, ignorieren sie einfach.“
Sie werden immer fanatischer
Die Theorie der Flachen Erde ist vermutlich so alt, wie die Menschheit. Schon in der Antike haben Menschen an sie geglaubt. Doch „Flo Plus ist aufgefallen, dass die Flacherdler in den letzten Jahren fanatischer geworden sind. „Flo Plus“
„Als ich angefangen habe, hatte ich das Gefühl, dass sie noch ergebnisoffener waren, manche haben sogar ihr eigenes Modell hinterfragt. So etwas sehe ich heute eher selten. Heute werden einfach nur noch längst widerlegte Scheinargumente aufgewärmt.“
Die Aufklärungsarbeit des Astrophysikers bleibt für ihn nicht ohne Folgen. Häufig hat er es mit zum Teil beleidigenden Kommentaren zu tun. Manche gehen sogar noch weiter, sagt der Astrophysiker:
„Ich habe auch schon sehr viele Drohungen von Flacherdlern überall die Jahre erhalten. Da hat es sich als ganz praktisch erwiesen, dass sie keine genaueren Informationen zu meiner Person hatten.“
„Flo Plus“ hat auch festgestellt, dass sich Flacherdler ständig neu indoktrinieren müssen, um sich ihr Weltbild zu erhalten, indem sie sich ständig Flache-Erde-Videos anschauen. „Flo Plus“:
„Für die Flacherdler ist die Flache-Erde-Verschwörung unglaublich wichtig. Vor allem auf persönlicher Ebene. Das liegt daran, dass das Motiv hinter dieser Verschwörung für viele Flacherdler eine Art Gottesbeweis ist.
Mir ist auch aufgefallen, dass die eigentlich gar kein Interesse an den wirklichen Fakten haben, sondern ganz einfach nur an ihre Flache Erde glauben wollen.“
„Flo Plus“ sieht in diesem Weltbild sogar eine Gefahr für die Gesellschaft, weil diese Gruppe seinen Worten nach irgendwann alles anzweifelt, nach dem Motto, wenn wir schon in Bezug auf die Form der Erde belogen werden, dann auch in anderen Bereichen „Flo Plus“:
„Das führt am Ende zu allgemeinen Zweifeln an naturwissenschaftlichen Kenntnissen und an historischen Begebenheiten, weil in der Kernaussage des Flache-Erde-Mythos heißt es, dass alle Aufnahmen der Erde gefälscht werden.“
Den Kanal „Flo Plus gibt es seit 2016. 72 Videos hat der Astrophysiker bis heute produziert. Mittlerweile zählt der Kanal 40.000 Abonnenten. Aber von Überzeugungsarbeit ist nach Worten des Astrophysikers auf seinem Kanal nicht die Rede.
Er glaubt nämlich, dass es nicht seine Aufgabe ist, Flacherdler davon zu überzeugen, dass sie an Unsinn glauben. „Flo Plus“:
„Meine Videos richten sich eher an Leute, die noch nicht auf diese Theorie reingefallen sind, aber vielleicht Gefahr laufen, dass sie sich dafür interessieren. Auch für in Anführungszeichen normale Leute, die sich für Physik interessieren und Naturwissenschaften interessieren, sind meine Videos gerichtet.“
Ein gesundes Maß an Skepsis
Massenhaft Zulauf erhielten die Flacherdler bereits schon ab Mitte des 20. Jahrhunderts, als in England die Flat Earth Society gegründet wurde. Je erdrückender die Gegenbeweise waren, desto heftiger beharrten sie auf ihren Glauben.
Flat Earth Stationary ist mit 220.000 Anhängern gegenwärtig die größte Gruppe auf Facebook, gefolgt von der Flat Earth Society, die rund 193.000 Fans hat, der sich auch zahlreiche Prominente angeschlossen haben.
2017 hat sich auch Elon Musk in die Diskussion eingeschaltet und die Frage gestellt hat, warum es nicht auch eine Flache-Mars-Gemeinschaft gibt. Ob er das ironisch oder ernst gemeint hat?
Flacherdler zählen bekanntlich zu den Skeptikern. Skepsis ist im Grunde genommen ein gutes Instrument, um mehr über bestimmte Dinge und die Welt im Allgemeinen zu erfahren – vor allem aber, um sich genauer mit einem Thema auseinanderzusetzen. Oft stellt sich dabei heraus, dass als sicher geglaubte Überzeugungen in Wahrheit falsch sind.
Manchmal aber ist Skepsis auch nur ein Vorwand, um Fakten und Tatsachen, die nicht ins eigene Weltbild passen, als Lüge abzutun. Hier muss sich dann jeder selbst die Frage stellen, wie neutral er sich tatsächlich mit der Faktenlage auseinandergesetzt hat, wie er die Fakten recherchiert hat und wie gut sie sich mit anderen bekannten Forschungsergebnissen vereinbaren lassen.
Tatsache ist, dass die Öffentlichkeit in vielen Dingen in den letzten Jahren massiv belogen wurde, was nicht nur zu einer vielleicht übertriebenen Skepsis in der Bevölkerung geführt hat, sondern zu einer regelrechten Paranoia und allgemeinen Verunsicherung.
Deshalb ist Ehrlichkeit wichtig. Auch von Seiten der Politik und Wissenschaft. Lügen haben bekanntlich kurze Beine und kosten am Ende meistens das Vertrauen.
Wer mit Lügen und Täuschung arbeitet, darf sich am Ende nicht darüber wundern, dass immer mehr Menschen auf krude Theorien in den sozialen Medien hereinfallen, die man eigentlich nicht widerlegen müsste, weil der Unsinn offensichtlich ist.
Mehr über die Innere Erde lesen Sie in „DUMBs 2“ und die Flache Erde in „Antarktis: Hinter der Eiswand“.
Video:
Quellen: PublicDomain/Frank Schwede für PRAVDA TV am 01.12.2024
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