Kiesewetter bei "Hart aber Fair": "Russische Atomwaffen gehören hinter den Ural"

Von Wladislaw Sankin 

Am Vorabend der historischen Abstimmung im Bundestag für das Aufrüstungs-Sondervermögen trat der CDU-Außenpolitiker und Oberst a. D. der Bundeswehr, Roderich Kiesewetter, in der ARD-Sendung "Hart aber Fair" auf. Die Talkshow war passend zum Thema "Milliarden für die Bundeswehr: Ist Aufrüsten alternativlos?" überschrieben. Im Laufe der Debatte, die er mit der ehemaligen Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau, Bascha Mika, führte, teilte er u. a. seine Ansichten zur atomaren Abschreckung. 

Die Journalistin äußerte sich als Verfechterin der atomaren Abrüstung und brachte das Argument, dass die atomare Abschreckung die Welt angesichts der gegenseitigen Vernichtung nur unsicher mache. "Auf jeden Schlag wird es Gegenschläge geben", sagte sie. "Es geht darum, dass wir Atomwaffen ächten, dass sie aus der Welt verschwinden." Darauf entgegnete Kiesewetter, dass russische Atomwaffen schon in Kaliningrad stünden, "zwei Minuten von Berlin". "Dann sollten die Russen sie abziehen aus Kaliningrad", schlug er offenbar als eine einseitige vertrauensbildende Maßnahme der Russen vor. Als die Journalistin den Schutzschirm als "absolut euphemistischen Begriff" kritisierte, sagte er:

"Dann helfen Sie mit die Nuklearwaffen aus Kaliningrad und vom Ural zu vertreiben – dann können auch wir abrüsten."

Wie Russland dazu auf seinem eigenen Territorium bewegt werden kann und weshalb es sein ganzes europäisches Territorium ungeschützt lassen soll, sagte der Politiker nicht. Offenbar rechnet er immer noch damit, dass Russland den Stellvertreter-Krieg gegen die NATO in der Ukraine verliert und nach einer Niederlage zu dem dortigen Waffenabzug eine internationale Verpflichtung eingeht. Er ließ ebenfalls durchblicken, dass er den bewaffneten Konflikt um die Ukraine als eine Art Endzeitszenario betrachtet. Als Mika die von ihm gepriesene nukleare Abschreckung mit einer rhetorischen Frage kritisierte: "Wollen wir die ganze Welt implodieren lassen?", entgegnete er: "Passiert doch."

Auch verglich Kiesewetter den Ukraine-Krieg mit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg in dem Sinne, dass die beiden Kriege nicht an einem Verhandlungstisch entschieden wurden, sondern auf dem Schlachtfeld. Dass er dieses Mal Russland auf der Verliererseite sehen will, hatte er zuvor bereits mehrmals geäußert, als er sagte, dass es an der Zeit ist, dass Russland verlieren lerne. 

Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse, dass Russland nukleare Waffen auf dem Gebiet Kaliningrad stationiert hat, nur Spekulationen von der polnischen Seite. In der Sendung "Hart aber Fair" ging es jedoch nicht um Faktenfindung, sondern um Stimmungsmache für Aufrüstung und Wehrpflicht. Das im Studio sitzende Publikum verstand es gut und klatschte, als diesbezüglich von einigen Studiogästen markige Worte fielen. Auch als Roderich Kiesewetter die Russen aufforderte, ihre Atomwaffen hinter dem Ural zu verstecken, klatschte das Publikum. 

Der CDU-Politiker rühmte sich damit, dass er seit Beginn der russischen Militäroperation neunmal in die Ukraine gereist sei. Er habe ein Land gesehen, das sich und Europa verteidigt, um in Frieden und Freiheit zu leben, sagte er. Dieses ideologische Mantra gehört seit jeher in jegliches Plädoyer für den Krieg. Zudem hat er angebliche russische Gräuel erwähnt, wie etwa die Verschleppung von Hunderttausenden (!) Kindern oder das Gerücht, dass auch die Männer von den Russen vergewaltigt würden.

Längst hat es sogar aus der Ukraine ein Dementi zu den horrenden Zahlen gegeben, denn auch sie zähle "nur" 20.000 angeblich "verschleppte" Kinder. Es hat bereits Hunderte Familienzusammenführungen gegeben, die auf juristischen Verfahren basieren, doch die Propaganda über "Hunderttausende verschleppte Kinder" hat sich in Deutschland verselbstständigt. Auch die Zahl der gemeldeten Sexualdelikte im ukrainischen Kriegsgebiet übersteigt nicht einmal das bundesdeutsche Durchschnnittsniveau. Doch nicht nur die Verlogenheit dieser Propaganda wundert niemanden mehr, sondern auch ihre Geschmacklosigkeit. 

Wie gewohnt bleiben auch bei "Hart aber Fair" sowohl die Zahlen als auch die Bezeichnung der Evakuierung von Kindern aus den Kriegs-nahen Zonen als schlimmstes Verbrechen ohne Entgegnung. Im Gegenteil, die Journalistin Mika selbst, die passioniert auf Verhandlung setzte, geißelte Putin als "Menschenschlächter" und Moderator Louis Klamroth erinnerte Kiesewetter daran, dass er die "zahllosen" von den Russen vergewaltigten Frauen vergessen hatte. Das ist Methode, denn auch die Medien, die über die Talkshow berichteten, brachten diese angeblichen Gräuel als Totschlagargument, wenn es darum ging, die Position der Verhandlungs-Verfechter zu diskreditieren. "Ob die vergewaltigten Frauen, entführten Kinder und aus ihren Häusern vertriebenen Menschen in den besetzten Gebieten Russlands das auch so sehen", fragte etwa die Stuttgarter Nachrichten rhetorisch. Diese Art der Berichterstattung ist ein weiteres Zeichen dafür, dass Medien und Politik in der Bundesrepublik an einem Strang Richtung Krieg ziehen. 

Mehr zum ThemaXXL-Schulden: Bundestag ändert Grundgesetz und beschließt Finanzpaket in Milliardenhöhe

Getting new content in
:

Nur wer angemeldet ist, geniesst alle Vorteile:

  • Eigene Nachrichten-Merkliste
  • Eigener Nachrichtenstrom aus bevorzugten Quellen
  • Eigene Events in den Veranstaltungskalender stellen
M T W T F S S
 
 
 
 
 
1
 
2
 
3
 
4
 
5
 
6
 
7
 
8
 
9
 
10
 
11
 
12
 
13
 
14
 
15
 
16
 
17
 
18
 
19
 
20
 
21
 
22
 
23
 
24
 
25
 
26
 
27
 
28
 
29
 
30
 
31