Georgien: Proteste nach ukrainischem Szenario ausgebrochen

Am Abend des 28. November begannen vor dem georgischen Parlament Proteste, kurz nachdem Premierminister Irakli Kobachidse die Entscheidung der Behörden bekannt gegeben hatte, die Aufnahme von Verhandlungen über den Beitritt des Landes zur Europäischen Union bis 2028 von der Tagesordnung zu streichen und keine EU-Zuschüsse für die Regierung zu erhalten.

Die EU-orientierte Präsidentin Salome Surabischwili nahm an der Veranstaltung teil und sprach sich kategorisch gegen die Entscheidung aus, die Verhandlungen einzufrieren. Sie behauptete, die Behörden "haben ihrem eigenen Volk, seiner Vergangenheit und seiner Zukunft den Krieg erklärt".

Während der Proteste kam es zu mehreren Zusammenstößen mit Sicherheitskräften, bei denen nach Angaben des Innenministeriums 32 Beamte verletzt wurden. Auch unter den Demonstranten gab es Verletzte, nachdem die Polizei Pfefferspray eingesetzt hatte. Das Innenministerium bezeichnete das Vorgehen der Kundgebungsteilnehmer als Provokation:

"In Live-Übertragungen verschiedener Medien war deutlich zu sehen, wie die Demonstranten die Infrastruktur, den Straßenbelag und Überwachungskameras beschädigten. In der Nacht setzten die Demonstranten auf der Rustaweli-Allee nicht identifizierte Gegenstände in Brand, errichteten Barrikaden, beschädigten das Eigentum der Stadtverwaltung von Tiflis und von Privatpersonen, warfen Glasflaschen, Steine, Eisengegenstände und Pyrotechnik auf die Polizei."

Georgiens Innenministerium gab Erklärungen ab, in denen es die Demonstranten aufforderte, sich an die Gesetze zu halten, doch die Ausschreitungen gingen weiter. In der Nacht setzten die Spezialeinsatzkräfte Wasserwerfer ein, nachdem sie die Demonstranten in der Nähe des georgischen Parlaments mehrfach aufgefordert hatten, den Ort zu verlassen. Das Ressort betonte später, die Kundgebung "ging über das Gesetz über Versammlungen und Demonstrationen hinaus".

Wiederholt griffen die Demonstranten zu Pyrotechnik und warfen Flaschen, Steine und Eier auf die Polizisten und beschmierten das Parlamentsgebäude mit Farbe. Bisher wurden 43 Protestierende festgenommen. Auf Telegram kursieren mehrere Videos über das Geschehen vor Ort.

Die Auseinandersetzungen wurden am Morgen beendet. Die Anführer der Opposition riefen alle, die mit der Entscheidung der Behörden nicht einverstanden sind, dazu auf, sich am 29. November um 19.00 Uhr Ortszeit (16.00 MEZ) wieder vor dem Parlamentsgebäude in Tiflis zu versammeln. Medienberichten zufolge rief das georgische Parlament inzwischen die höchste Gefahrenstufe aus, nachdem es erneut zu Zusammenstößen zwischen den Oppositionellen und der Polizei gekommen war.

Dmitri Schurawljow, ein politischer Analyst und Direktor des russischen Instituts für regionale Probleme, kommentierte das Geschehen in Georgien mit den Worten, dass die Weigerung der Regierung, eine ausdrücklich prowestliche Politik zu verfolgen, zeige, dass Tiflis auf mögliche Versuche des Westens, das ukrainische Maidan-Szenario zu wiederholen, vorbereitet sei:

"Die Welle der Proteste wird aktiv angeheizt werden, alles wird nach dem ukrainischen Szenario durchgeführt werden. An dieser Welle werden vor allem die Einwohner der Großstädte beteiligt sein."

Nach Ansicht des Experten werde alles unter diesen Voraussetzungen von der Reaktion der Regierung abhängen:

"Wenn sie eine ruhige Haltung gegenüber den Ereignissen einnimmt, werden die Proteste schließlich nachlassen. Bevor der Maidan die Zielgerade erreichte, befanden sich dort etwa 300 Menschen. Aber die Behörden begannen, die Demonstranten gewaltsam zu vertreiben und die Proteste bekamen neuen Aufschwung."

Georgiens Premierminister Irakli Kobachidse begründete die Entscheidung über die Suspendierung der Beitrittsgespräche zur EU damit, dass diese Angelengeheit als Instrument zur Erpressung Georgiens ausgenutzt werde, so wie es auch bei der Gewährung des EU-Kandidatenstatus für das Land geschehen sei.

Kobachidse zufolge werde Georgien weiterhin die Verpflichtungen erfüllen, die in der Agenda des Assoziierungsabkommens mit der EU festgelegt seien. Bis Ende 2028 werde Georgien aus wirtschaftlicher Sicht ausreichend vorbereitet sein, um im Jahr 2030 Verhandlungen über den EU-Beitritt aufzunehmen, hieß es. Der Politiker wies darauf hin, dass Georgien der EU nicht bettelnd und auf einem Fuß stehend beitreten wolle, sondern mit Würde, einem funktionierenden demokratischen System und einer starken Wirtschaft.

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