Europa wird die USA zu einem gemeinsamen Kampf gegen Russland herumkriegen

Von Wadim Truchatschow

In den letzten Jahren wurde in Russland die Meinung verbreitet, Europa sei keine unabhängige Macht, sondern diene nur als Vasall der USA. In der Tat gibt es viele Gründe, so zu denken. Nehmen wir zum Beispiel, wie die Europäer mit der Sprengung der Nord-Stream-Pipeline umgingen oder wie sie ihre Waffenlieferungen an die Ukraine auf Drängen der Biden-Administration drastisch erhöhten. Die Erklärungen und Handlungen der führenden EU-Politiker (und der meisten EU-Mitgliedstaaten) gegenüber Russland waren exakt die gleichen wie die der USA.

Aus diesem Grund hofften in Russland, als US-Präsident Donald Trump in Washington an die Macht kam, viele, dass er die russophobe Tendenz der Eliten anderer Länder hemmen würde. Diese würden sich ein wenig widersetzen – und sich dem Willen des Herrschers beugen. Doch zwei Monate sind mittlerweile vorbei, und die europäische Politik gegenüber Russland zeigt keine Veränderungen. Lediglich der NATO-Generalsekretär Mark Rutte – heute der einflussreichste Politiker der Alten Welt – sagte, dass die Ukraine nicht in die NATO aufgenommen werde. Aber, offen gesagt, war auch vorher niemand besonders daran interessiert, die Ukraine in die NATO aufzunehmen.

Doch Rutte – trotz seiner antirussischen Haltung – ist ein zurückhaltender Mann, der nie durch politische Effekthascherei aufgefallen ist. Anders sieht es aus, wenn man das Verhalten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron betrachtet, der nach seinem nicht sehr erfolgreichen Besuch in Washington "ein Ende der Vasallenabhängigkeit Europas von den USA" forderte. Auch andere europäische Politiker warfen den USA vor, die EU ... zerschlagen zu wollen. Der Grund dafür ist einfach: Die Trump-Administration ist nicht bereit, die Ukraine zu unterstützen und Russland in demselben Maße zu bekämpfen wie ihre Vorgänger im Weißen Haus. Wie stark hat sich die Rhetorik verändert ...

Verschiedene Positionen zu Russland, China, Israel

Mehr noch. Angesichts des US-Handelskriegs, des Telefongesprächs zwischen Donald Trump und Wladimir Putin und des legendären Rausschmisses von Wladimir Selenskij aus dem Weißen Haus intensivierte die Europäische Union ihre antirussische Politik noch. Ein Beispiel dafür ist der Plan von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, 800 Milliarden Euro für den EU-Verteidigungssektor bereitzustellen. Das Hauptziel dieses Plans liegt auf der Hand: Die Europäer sollten in der Lage sein, Russland weiterhin zu konfrontieren, auch wenn die Amerikaner "diese gemeinsame Mission verraten haben".

Mit anderen Worten: Die EU-Politik gegenüber Russland änderte sich trotz Washingtons Anweisung nicht. Das gilt auch für andere Vertreter des kollektiven Westens – Großbritannien, Kanada, Norwegen, Australien, Neuseeland und Japan. Auch in den Balkanländern, die zwar NATO-, aber nicht EU-Mitglieder sind, gab es keine entsprechende Trendwende. Keiner von ihnen demonstriert gegenüber Russland mehr Entgegenkommen. Nur Ungarn und die Slowakei sprechen sich gegen die massive Unterstützung der Ukraine aus, aber das war schon vorher so. Und die Schweiz war von Anfang an gemäßigter als die meisten anderen.

Im Grunde genommen hätte sich diese Politik nicht ändern dürfen. Natürlich wurde von unserer Seite die Haltung der USA und der EU gegenüber Russland zunächst nach dem Prinzip "der Rock ist einem näher als das Hemd" beurteilt. Wenn wir jedoch andere Aspekte der Außenpolitik Washingtons und Brüssels betrachten, werden wir erhebliche Diskrepanzen feststellen. Natürlich gab es unter den Europäern diejenigen, die zur bedingungslosen Unterstützung der Amerikaner bereit waren. Das widerspricht jedoch nicht der Tatsache, dass es erhebliche Unstimmigkeiten zwischen diesen beiden Parteien gab.

So verfolgt die Europäische Union gegenüber China eine wesentlich gemäßigtere Politik als die USA. Dies war sogar während der Amtszeit von US-Präsident Biden zu beobachten. Im Gegensatz zu den Amerikanern besuchten die europäischen Spitzenpolitiker ständig Peking. Dabei schlossen sie sich nicht den amerikanischen Handelsbeschränkungen für China an. Abgesehen von Litauen und der Tschechischen Republik verzichteten sie darauf, Taiwan direkt zu unterstützen – schließlich ist China der wichtigste Handelspartner der EU, und die EU ist der Haupthandelspartner Chinas.

Auch in Bezug auf die palästinensischen und israelischen Angelegenheiten unterscheidet sich der europäische Ansatz von dem amerikanischen. In Europa selbst herrscht diesbezüglich keine Einigkeit: Nur die Niederlande und die Tschechische Republik positionieren sich eindeutig – wie auch die USA – auf der Seite der Israelis. Im Großen und Ganzen ist die EU eher geneigt, die Palästinenser zu unterstützen, wenn auch unter gewissen Vorbehalten. Während die EU angesichts der aktuellen Eskalation in Syrien eher auf der Seite der derzeitigen syrischen Machthaber steht, wurde seitens der US-Regierung eine Resolution bei der UNO vorgelegt, in der die Massaker an Christen und Alawiten verurteilt werden.

Auch in Bezug auf Iran, die Demokratische Volksrepublik Korea und Kuba vertreten die USA und die EU keine völlig übereinstimmende Position, und das war auch in der Vergangenheit nicht der Fall. Im Gegensatz zu den Amerikanern begegnen die Europäer diesen Ländern viel gelassener und unterhalten diplomatische Beziehungen zu ihnen. Und heute besteht das Hauptinteresse der EU an diesen Ländern ... ja, als Russland unterstützende Kräfte, während für die Amerikaner die Konfrontation mit ihnen als solche von Interesse ist. Europa folgte also nie vollständig der US-Politik – schließlich konzentriert sich nicht die gesamte EU-Außenpolitik auf Russland.

Werfen wir nun einen Blick auf die Haltung der verschiedenen im Europäischen Parlament vertretenen gesamteuropäischen politischen Kräfte im Verhältnis zu den USA. Nur zwei von ihnen können als eindeutige Befürworter enger Beziehungen zu den Amerikanern bezeichnet werden – die Liberalen von der Fraktion "Renew Europe" und die Mehrheit der Vertreter der gemäßigt rechtsgerichteten euroskeptischen Fraktion "Europäische Konservative und Reformer". Die Systemkonservativen von der "Europäischen Volkspartei" betrachten die USA zwar als den wichtigsten Partner, betonen aber, dass die Europäer ihren eigenen Kurs verfolgen müssten.

Die Russophobie entstand einst in Europa

Nicht so eindeutig positionieren sich Sozialdemokraten und Vertreter der Grünen gegenüber den USA: Sie kritisieren die USA im Hinblick auf die Todesstrafe, den mangelnden Umweltschutz, die starke soziale Spaltung und die Neigung zu unilateralen Handlungen. Für linksextreme Parteien stellen die USA einen ideologischen Feind dar. Auch die rechtsgerichteten Euroskeptiker der Gruppen "Patrioten für Europa" und "Europa der souveränen Nationen" stehen den Amerikanern wegen ihres Globalismus und ihrer Einmischung in europäische Angelegenheiten mehr als kritisch gegenüber und demonstrieren lediglich Tramp gegenüber ihre positive Haltung.

Betrachtet man einzelne EU-Staaten, so zeigten nur Polen, die baltischen Staaten, die Niederlande, Dänemark, Irland, Portugal und Kroatien eine eindeutige Ausrichtung auf die USA. In den anderen 18 (!) Ländern variierte diese Haltung, je nachdem, wer an der Macht war. Sogar Schweden, das strikt eine antirussische Politik verfolgte, stimmte oft nicht mit den Amerikanern überein. Daher gehört ein gewisser Dissens mit den USA zur Normalität in der europäischen Politik. Nun hat sich das auf die Beziehungen zu Russland ausgeweitet.

Erinnern wir uns schließlich daran, dass die Russophobie vor vielen Jahrhunderten genau in Europa entstand und die amerikanische Version davon lediglich eine Abwandlung der europäischen darstellt. Die wichtigsten antirussischen Ideologen der USA sind gebürtige Polen und Ungarn: Zbigniew Brzezinski, Richard Pipes, George Soros und George Friedman. Und je mehr sich die Amerikaner den Briten annäherten und Letztere ihren "geopolitischen Code" als Teil der angelsächsischen Bruderschaft nach und nach auf die USA übertrugen, desto mehr richtete sich die Politik der USA gegen unser Land.

Auch unter diesem Gesichtspunkt verwundert es also nicht, dass Europa heute die treibende Kraft der antirussischen Politik ist. Europa hat seine eigenen Gründe, um Russland gegenüber abgeneigt zu sein. Und es wird sich bemühen, Trump zu einer antirussischen Politik zu bewegen. Zu diesem Zweck sind die Europäer bereit, Handelskompromisse einzugehen und sich in anderen Politikbereichen stärker dem amerikanischen Standpunkt anzunähern. Aber im Gegenzug werden sie von den Amerikanern eines verlangen: eine erneute Unterstützung der Ukraine und ein entsprechendes Maß an Konfrontation mit Russland.

Leider hat Europa mehr als genug Einflussmöglichkeiten, um die Meinung der USA in der Russlandfrage zu ändern. So hat jedes europäische Land seine eigene Lobby in Washington. Als europäischer Bündnispartner agiert auch ein Großteil des US-"Deep State". Innerhalb der EU stehen nur Ungarn und die Slowakei auf Trumps Seite, und Zypern verhält sich neutral. Die übrigen EU-Länder sind der Ansicht, dass Russland weiter bekämpft werden sollte. Fast alle anderen Staaten des kollektiven Westens sind ebenfalls bereit, die Konfrontation mit unserem Land fortzusetzen.

Und sollten sich die Europäische Union, die NATO, die 24 EU-Länder, die vier angelsächsischen "Schwestern", Japan und Norwegen gleichzeitig gegen die USA positionieren, wird es für Trump schwierig sein, ihnen allein entgegenzutreten – vor allem, wenn es um Russland geht, für das die Amerikaner, gelinde ausgedrückt, nur wenig Sympathie hegen. Dagegen ist es viel wahrscheinlicher, dass der übrige Westen – angeführt von der Europäischen Union – die USA umstimmen wird ... Zwar werden zwischen den USA und Europa auch weiterhin Unstimmigkeiten in anderen Bereichen bestehen – diese sind aber für uns nicht von grundlegender Bedeutung.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 22. März 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

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