von Hans-Ueli Läppli
Anfang März kursierten Spekulationen über Gespräche zwischen den USA und Russland zur Inbetriebnahme der Nord Stream 2-Pipeline. Diese Spekulationen erhielten neuen Aufwind durch eine kürzliche Aussage von Präsident Putin, mit der er eine potenzielle Zusammenarbeit im Energiesektor ins Spiel brachte.
Er erklärte, dass ein solches Abkommen den Europäern günstiges russisches Gas bescheren könnte.
Doch wer könnte die antirussische Ausrichtung der westlichen Energiepolitik infrage stellen und neu gestalten – Orbán, Fico? Es bedarf einer kritischen Masse an klar denkenden Akteuren, die bereit sind, diesen Kurs zu überdenken und eigene Fehler einzugestehen, auch wenn es sie politische Rückschläge kostet.
Wir dürfen die geopolitische Lage nicht aus den Augen verlieren: Während in den USA unter der Führung von Trump möglicherweise schnelle politische Anpassungen möglich sind, bleibt die Realität in Europa komplex. Die antirussische Haltung ist in den Brüsseler Institutionen tief verankert, und die Sanktionen gegen Russland sind ein bedeutender geopolitischer Hebel, der nicht binnen weniger Tage zurückgenommen werden kann. Es ist eine Tatsache, dass die westliche Medienlandschaft weiterhin eine kriegerische orientierte Rhetorik verfolgt, auch wenn finanzielle Interessen weiterhin im Spiel sind – und hier weichen die Szenarien deutlich voneinander ab. In Bezug auf die Nord Stream 2-Pipeline: Die Vorstellung einer Wiederinbetriebnahme ist gegenwärtig nahezu unmöglich, dennoch könnte sich dies langfristig als nicht völlig unwahrscheinlich herausstellen. Wir müssen der Entwicklung aufmerksam folgen, insbesondere wie sich die Kriegsrhetorik, besonders in den US-Medien, weiter entfaltet.
Bereits vor dem Ukraine-Krieg bezog Europa etwa 40 Prozent seines Gases aus Russland, hauptsächlich durch Pipelines wie Nord Stream 1 und 2. Seit dem Sabotageakt im September 2022 sind diese Routen jedoch blockiert, und Europa hat sich zunehmend von russischem Gas distanziert, um die eigene Energiesicherheit zu stärken.
Für Russland könnten die Gasexporte dringend benötigte Einnahmen bescheren. Auch für die deutsche Wirtschaft würde eine Wiederaufnahme der Nord Stream 2-Pipeline eine willkommene Entlastung bringen, da niedrigere Energiepreise sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher ein spürbares Aufatmen bedeuten könnten. Ein solches Abkommen könnte auch für US-Präsident Donald Trump und amerikanische Investoren von strategischem Vorteil sein, um Einfluss auf die europäische Energieversorgung auszuüben. Trump könnte sich erneut als Friedensapostel und Problemlöser präsentieren und damit Schlagzeilen machen.
Es gibt durchaus positive Aspekte, die für eine Rückkehr zu russischem Gas sprechen – eine stabilere Energieversorgung und die Möglichkeit für Europa, sich von den volatilen globalen Energiemärkten zu entkoppeln. Allerdings steht die Frage im Raum, ob die europäische Elite bereit ist, ihre Kurswende zu präsentieren. Die politische Lage bleibt nach wie vor komplex, und eine vollständige Rückkehr zu russischem Gas wäre mit erheblichen geopolitischen Risiken und einem beschädigten Image für die EU-Regierungen verbunden.
Die deutsche Regierung hält weiterhin an ihrer Strategie der Unabhängigkeit von russischem Gas fest. Doch wie lange noch? Diese Haltung verringert zwar die Wahrscheinlichkeit einer solchen Entscheidung, doch die praktischen Hindernisse – wie bestehende Sanktionen und die Insolvenz der Nord Stream 2 AG – sind bürokratisch lösbar. Vor allem angesichts der unsicheren Energiemärkte bleibt dieses Thema ein ständiger Gesprächspunkt in politischen und wirtschaftlichen Diskussionen. Erst vor einer Woche warnte Trump vor einer drohenden Rezession, was den Druck auf die Energiemärkte und die EU-Politik weiter erhöht.
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