Ehemaliger CIA-Analyst: Der kollektive Selbstmord der Europäischen Union

Larry C. Johnson

Die traditionellen Führungsmächte Europas – das Vereinigte Königreich, Frankreich und Deutschland – sind nach den jüngsten Äußerungen von Pete Hegseth und JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz und vor den NATO-Verteidigungsministern sichtlich verunsichert. Sie reagieren wie ein sitzen gelassener Ehepartner, der erkennen muss, dass die Beziehung unwiderruflich zerbrochen ist. Die politischen Eliten dieser Länder geraten in Panik, da ihnen plötzlich bewusst wird, dass die bisherige transatlantische Partnerschaft nicht mehr so funktioniert, wie sie es gewohnt waren.

In einem verzweifelten Versuch, das Ruder herumzureißen, berief der französische Präsident Emmanuel Macron eilig ein Gipfeltreffen mit führenden europäischen Politikern in Paris ein. Ziel war es, einen gemeinsamen Plan zur Fortsetzung des Ukraine-Kriegs zu schmieden – diesmal ohne die USA, deren Rückhalt zunehmend bröckelt. Die Liste der Teilnehmer umfasste die Regierungschefs des Vereinigten Königreichs, Deutschlands, Polens, Italiens, der Niederlande, Spaniens und Dänemarks sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und NATO-Generalsekretär Mark Rutte. Der Anlass war dringlich: Die europäischen Staaten fühlten sich von den USA ausgeschlossen, insbesondere im Hinblick auf das bevorstehende Treffen zwischen amerikanischen und russischen Vertretern in Saudi-Arabien.

Doch das Gipfeltreffen war ein Fiasko. Trotz der Anwesenheit von Führungsfiguren, die angeblich entschlossen waren, Kiew weiterhin zu unterstützen, konnte keine Einigung erzielt werden. Stattdessen kam es zu hitzigen Wortgefechten und offen ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten. Macron, der die Münchner Sicherheitskonferenz ignorierte, versuchte sich als Vermittler und sprach sowohl vor als auch nach dem Dringlichkeitstreffen mit Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj. Frankreich plant bereits ein weiteres Treffen mit anderen europäischen Staaten sowie Kanada, um eine neue Strategie zu entwickeln.

Die Uneinigkeit der europäischen Regierungen zeigt sich besonders in der Debatte über die Entsendung von Friedenstruppen in die Ukraine:

  • Der britische Premierminister Keir Starmer signalisierte in einem Artikel für den Telegraph, dass Großbritannien dazu bereit wäre.
  • Polens Premierminister Donald Tusk widersprach und stellte klar, dass sein Land keine Truppen entsenden werde.
  • Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete es als unangemessen, über eine Friedensmission zu diskutieren, solange kein Abkommen in Sicht sei.

Während Europa sich in internen Querelen verliert, führten amerikanische und russische Diplomaten in Saudi-Arabien produktive Gespräche – jedoch nicht über das Kriegsende in der Ukraine, sondern vielmehr über die Normalisierung der Beziehungen zwischen Washington und Moskau. Ein direktes Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin wird für Ende Februar vorbereitet.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs sowie die ukrainische Führung scheinen noch immer zu glauben, dass ihr Mitspracherecht bei Friedensverhandlungen mit Russland von zentraler Bedeutung sei. Doch Trump hat deutlich gemacht, dass sie nicht eingeladen sind. Sein Ziel ist zweifach:

  1. Die wirtschaftliche Abhängigkeit Europas von den USA zu beenden und keine weiteren Gelder für einen „dummen, unnötigen Krieg“ zu verschwenden.
  2. Die amerikanisch-russischen Beziehungen wiederherzustellen, unabhängig davon, wie Europa dazu steht.

Das bedeutet für Europa: Die finanzielle Unterstützung der USA für die Ukraine endet hier. Sollten europäische Staaten den Krieg weiterführen wollen, müssen sie dies aus eigenen Mitteln tun. Doch das ist genau das Problem: Frankreich, das Vereinigte Königreich und Deutschland sind wirtschaftlich angeschlagen und verfügen nicht über die nötigen industriellen Kapazitäten, um den Krieg ohne amerikanische Hilfe weiter zu finanzieren.

Eine Analyse der Industrieproduktion in den fünf größten europäischen Volkswirtschaften zeigt einen deutlichen Niedergang, wobei Deutschland besonders betroffen ist. Diese wirtschaftliche Misere wird sich wahrscheinlich in der bevorstehenden Wahl am 23. Februar widerspiegeln, allerdings dürfte das Ergebnis kaum eine starke politische Führung hervorbringen.

Europa leidet unter einer politischen Zersplitterung, die mutige Entscheidungen erschwert. Während in Ländern wie Ungarn ein klarer Volkswille durch Viktor Orbáns Regierung sichtbar ist, fehlt es in anderen europäischen Staaten an stabilen Mehrheiten. Regierungen werden oft nur mit knappen Wahlergebnissen gebildet und sind auf fragile Koalitionen angewiesen, die keine weitreichenden Reformen ermöglichen.

Die geopolitische Landschaft verändert sich grundlegend. Die Nachkriegsordnung, in der die USA die westliche Welt dominierten, zerbricht langsam. Dies bedeutet jedoch nicht den sofortigen Zerfall der NATO oder der Europäischen Union, sondern vielmehr eine Phase politischer und wirtschaftlicher Turbulenzen.

In den nächsten zwei Jahren könnten wachsende innere Spannungen dazu führen, dass einzelne europäische Länder neue Sicherheitsbündnisse außerhalb der NATO oder EU suchen. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits: Einige Staaten zeigen Interesse an einer Wiederbelebung wirtschaftlicher Beziehungen mit Russland, insbesondere um wieder Zugang zu billigem Öl und Gas zu erhalten.

Europa steht somit an einem Wendepunkt. Die Ära, in der die USA als Garant für europäische Sicherheit auftraten, neigt sich dem Ende zu. Nun liegt es an den europäischen Ländern selbst, einen neuen Weg zu finden – entweder durch Eigenständigkeit und neue Allianzen oder durch das Festhalten an einer transatlantischen Partnerschaft, deren Fundament zunehmend bröckelt.

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