Assads Sturz schafft keine Chancen, sondern Probleme für Israel

Von Sergei Mirkin

Die israelische Führung versucht, aus dem Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad Kapital zu schlagen.

Israel hat die Kontrolle über die Grenzregion Syriens übernommen und bezeichnet sie als Pufferzone und als vorübergehende Maßnahme, die zum Schutz des jüdischen Staates notwendig sei. Dies hat natürlich Proteste der derzeitigen syrischen Regierung und Empörung in der arabischen Welt hervorgerufen.

In Bezug auf die umstrittenen Golanhöhen erklärte Premierminister Benjamin Netanjahu, dass Tel Aviv die Kontrolle über diese für immer behalten werde. Dies verärgerte natürlich die arabischen Nachbarn ebenfalls.

Die israelische Armee ist dabei, die syrische Luftwaffe und Marine systematisch zu zerstören. Israel erwartet, dass unter den neuen Bedingungen die logistische Verbindung zwischen dem Iran und der libanesischen Schiitenorganisation Hisbollah gekappt wird und Teheran nicht mehr in der Lage sein wird, sie über Syrien mit Waffen und Munition zu versorgen. Dies dürfte letztlich entweder zur Eliminierung der Hisbollah führen oder dazu, dass sie so geschwächt wird, dass sie keine Bedrohung mehr für Israel darstellen kann. Diese Option ist durchaus realistisch – im Libanon selbst gibt es sunnitisch-muslimische und maronitisch-christliche Milizen, die die Situation ausnutzen und die Hisbollah zerschlagen könnten.

Im Moment ist der israelische Staat einer der Hauptnutznießer des Sturzes von Bashar al-Assad. Aber sollte Israel darüber glücklich sein?

Seit Jahrzehnten ist das Assad-Regime ein Feind Israels, aber es war ein verständlicher und vorhersehbarer Gegner, vor allem in den vergangenen Jahren. Israel hat sich über die Aktivitäten der mit Teheran verbundenen Milizen in Syrien geärgert, und von Zeit zu Zeit hat die israelische Luftwaffe Ziele in Syrien angegriffen, die vermutlich iranisch waren. Tel Aviv wusste jedoch genau, dass es keine militärische Antwort geben würde.

Die syrische Führung scheute sich davor, in eine echte Konfrontation mit Israel hineingezogen zu werden, da sie sich der Schwäche ihrer Armee und der internen Instabilität bewusst war. Auch die Iraner reagierten nicht auf israelische Aktionen auf syrischem Territorium; für sie war es wichtig, Assad an der Macht zu halten, und ein Krieg mit Israel könnte zu seinem Sturz führen.

Doch nun hat sich die Situation geändert.

Abu Muhammad al-Dschaulani, ein potenzieller neuer syrischer Machthaber und Anführer von Hayat Tahrir al-Sham (HTS), sagte: "Wir sind offen für eine Freundschaft mit Israel. Wir haben keine Feinde außer dem Assad-Regime, der Hisbollah und dem Iran. Was Israel gegen die Hisbollah im Libanon getan hat, hat uns sehr geholfen. Jetzt werden wir uns um den Rest kümmern." Ob man seinen Worten Glauben schenken kann?

Jetzt, zu einem Zeitpunkt, an dem er den frei gewordenen Chefsessel besetzen könnte, sagt er das eine. Und was wird er sagen, wenn er an die Macht kommt?

Darüber hinaus hat al-Dschaulani einen interessanten Hintergrund: Er war Mitglied der Terrororganisationen Al-Qaida und Islamischer Staat. Sein Vater (oder er selbst) stammt von den Golanhöhen, denselben Höhen, die Israel für immer kontrollieren will. Es ist sehr zweifelhaft, dass ein Mann mit einer solchen Biografie wirklich die Absicht hat, ein Freund Israels zu sein.

Außerdem ist es alles andere als sicher, dass al-Dschaulani an der Spitze der syrischen Führung landen oder dort lange bleiben wird. Fast immer beginnen Rebellen nach dem Sturz der Machthaber, sich untereinander zu bekämpfen.

Darüber hinaus ist bereits ein öffentlicher Konflikt zwischen der HTS und einer anderen mächtigen Gruppe syrischer Rebellen, der Syrischen Nationalen Armee (SNA), ausgebrochen: Die HTS wirft der SNA vor, brutal gegen die Kurden vorzugehen. Und die SNA hat damit gedroht, al-Dschaulani zu stürzen. Der israelischen Führung scheint klar zu sein, dass es zumindest wegen der Kontrolle über die Golanhöhen zu einem Konflikt mit jedem Regime kommen wird, wer auch immer in Syrien die Macht übernimmt. Deshalb hat sie präventiv die syrische Luftwaffe und Marine zerstört.

Die Pufferzone wird ein ständiger Spannungsherd sein, in dem es zu systematischen Kämpfen zwischen der israelischen Armee und verschiedenen bewaffneten syrischen Formationen und in Zukunft auch mit der syrischen Armee kommen wird, wenn es den neuen Machthabern gelingt, sie wieder aufzubauen und zu stärken.

Und wenn Syrien in mehrere "Staaten" zerfällt, was sehr wahrscheinlich ist, wird es auch für Israel nicht einfach sein – es wird mit allen kämpfen müssen. Einschließlich türkischer Stellvertreter, was langfristig zu einem Konflikt mit der Türkei führen kann.

Wenn etwa ein unabhängiges Kurdistan auf dem derzeitigen syrischen Territorium entsteht, werden die Vereinigten Staaten, um die Beziehungen zu Ankara nicht zu belasten, formell nichts damit zu tun haben wollen. So könnte Israel zum wichtigsten öffentlichen Förderer der Kurden werden.

Dschihadisten aus Syrien könnten auch die Lage in Jordanien ins Wanken bringen, was zum Sturz der Haschimiten-Dynastie führen könnte – radikale Islamisten mit einer kriegerischen Einstellung würden die königliche Regierung ersetzen, mit der Tel Aviv eine Arbeitsbeziehung unterhält. Da Israel eine lange und unbefestigte Grenze zu Jordanien hat, wird die Lösung dieses Problems Israel alle seine Kräfte abverlangen. Zwei neue potenzielle Fronten auf zwei Seiten, in Syrien und Jordanien, sind das Letzte, was Israel braucht.

Auch der Iran wird sich in Anbetracht der Ereignisse in Syrien nicht immer passiv verhalten. Es ist zum Beispiel offensichtlich, dass Iran seinerseits die Entwicklung eigener Atomwaffen aktiviert.

Dschihadisten aus Syrien könnten auch die Lage in Jordanien ins Wanken bringen, was zum Sturz der Haschimiten-Dynastie führen könnte – radikale Islamisten mit einer kriegerischen Einstellung würden die königliche Regierung ersetzen, mit der Tel Aviv eine Arbeitsbeziehung unterhält. Da Israel eine lange und unbefestigte Grenze zu Jordanien hat, wird die Lösung dieses Problems Israel alle seine Kräfte abverlangen. Zwei neue potenzielle Fronten auf zwei Seiten, in Syrien und Jordanien, sind das Letzte, was Israel braucht.

Auch Iran wird sich in Anbetracht der Ereignisse in Syrien nicht immer passiv verhalten. Es ist unter anderem offensichtlich, dass Iran seinerseits die Entwicklung eigener Atomwaffen aktiviert.

Al-Dschaulani hat recht: Die Aktionen der israelischen Armee und Geheimdienstes haben die Hisbollah erheblich geschwächt, was sie daran gehindert hat, sich aktiv am Kampf gegen die Gegner Assads zu beteiligen, was zu dessen Sturz beigetragen hat. Aber könnte es nicht sein, dass Israel anstelle der Hisbollah mit der neuen Führung Syriens oder sogar Jordaniens viel ernsthaftere Gegner bekommt und für Israel viel gefährlichere Organisationen im Libanon auftauchen, die allerdings sunnitischer Überzeugung sind? Es gibt Siege, die kurzfristig herausragend erscheinen mögen, aber langfristig wäre es besser gewesen, einen solchen Sieg nicht gehabt zu haben.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 13. Dezember 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Sergei Mirkin ist ein russischer Journalist.

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